Rückblick
Eine schrecklich nette Familie
Ohne Familie ist so wenig auszukommen, wie mit Familie. Keiner entgeht ihr. Selbst wenn er sich ausserhalb ihres Wirkungskreises nur unterhalten möchte, ist sie immer noch da, und immer wieder. Filme und Serien zuhauf, in denen sich die Handlung aus ihrer Mitte entwickelt (ob Downton Abbey oder Ozark). Wohin man blickt: Familie, Zwist, Missverständnis, Misstrauen, Verrat, Schweigen und Verschweigen, Niedertracht, Neid, Eifersucht, Mord und Totschlag. Denken Sie an die Romane von Leo Tolstoi, Thomas Mann, Gabriel García Márquez oder Elsa Ferrante. Kaum eine Oper, die nicht von familiären Verstrickungen handelt: ob Monteverdis L’Incoronazione di Poppea, Verdis Forza del destino, Aribert Reimanns Lear oder Georg Friedrich Haas’ Bluthaus – allenthalben Schuld und Sühne in den engen Mauern der Verwandtschaft.
Und wo die Familie seltsam unvollständig ist – im Erlkönig etwa, wo man nicht weiss, wo denn die Mutter bleibt – fragt man sich ständig, wie es dazu kommen konnte. Egal ob mutteroder vaterlos: Wohin das Auge blickt, ist Drama in der Familie – bis hin zum (wahren) Fall der Psychoanalytikerin Alice Miller, die einfühlsamer über schlimme Kindheiten schreiben konnte, als sonst jemand, und zugleich nichts unterliess, das Leben des eigenen Kindes zu zerstören.
Familie bedeutete einst Einheit und Zusammenhalt auf Biegen und Brechen; diese Fesselung hat sich im Lauf der Zeit in grossen Teilen der Welt, aber natürlich nicht überall, aufgelöst. Nichts ist mehr für die Ewigkeit gedacht, schon gar nicht die Ehe. Es gibt Zahlen, die belegen, wie viele Eheversprechen halten und wie viele Familien zerbrechen, nachdem der Alltag zu Hause eingekehrt ist. Aber man braucht sie nicht zu kennen. Es genügt, sich in den eigenen Familien, im Freundes- und Bekanntenkreis umzusehen, wenn man der Realität ins Auge blicken will: Lauter gescheiterte, geschiedene Ehen, zerbrochene Familien, glückliche Anfänge und unglückliche Fortsetzungen, verstörte Kinder, Frauen, Männer – jedoch immer auch die Glücklichen darunter, die froh sind, dem Schlimmsten entronnen zu sein.
Familie ist wie das Leben. Nicht besser und nicht schlechter. Sie ist nichts anderes als das Leben. Man kann ihr entfliehen und weiss doch, dass man früher oder später davon eingeholt wird, entweder bei hellichtem Tag oder in nächtlichen Träumen. Überall gibt es unterdrückte Geheimnisse, manchmal werden sie – oft ein, zwei Generationen später – entdeckt, auch späte Versöhnungen sind möglich, wenngleich eher die Ausnahme. Schrecklich nett eben und furchtbar kompliziert. Darüber werden wir sprechen und davon wird gesungen werden bei unserer diesjährigen, Vielfalt gewährleistenden Festivalausgabe.
Und darüber, dass man sich seine Familie hin und wieder auch aussuchen kann. Der Vorstand und das Team von LIEDBasel können ein Lied davon singen.
“LIEDBasel is not just another excuse for giving song recitals, it is a festival, run by very special people that “thinks outside the box”. And it is absolutely out of the ordinary!"
Graham Johnson, Ehrenpatron LIEDBasel
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